Der Begriff „Cannabinoide“ hat im Laufe der Jahre einen gewissen Bedeutungswandel erlebt.
Was sind Cannabinoide?
Während früher ausschließlich die natürlich in der Hanfpflanze vorkommende Stoffe (Phytocannabinoide) als solche bezeichnet wurden, werden heute auch im menschlichen Körper vorkommende Botenstoffe (Endocannabinoide) sowie künstlich hergestellte Verbindungen (synthetische und halb-synthetische Cannabinoide) zu dieser Gruppierung gezählt. Obwohl sich die Endocannabinoide und synthetischen Stoffe oft chemisch deutlich von den pflanzlichen Cannabinoiden wie Δ9-Terahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) unterscheiden, treten auch sie mit dem sogenannten Endocannabinoid-System (ECS) des menschlichen Körpers in Wechselwirkung, was in einer Vielzahl von pharmakologischen Wirkungen resultiert.
In weiterer Folge wollen wir uns in erster Linie mit den Cannabinoiden der Hanfpflanze näher befassen:
Phytocannabinoide – Cannabinoide der Hanfpflanze
Die Phytocannabinoide sind eine Stoffgruppe, die nach derzeitigem Stand über 120 verschiedene Verbindungen umfasst. Chemisch gesehen handelt es sich um sogenannte Terpenphenole, die in den Drüsenhaaren (Trichome) der Hanfpflanze produziert und gespeichert werden. Da vor allem die Blütenstände der weiblichen Pflanzen dicht mit diesen Drüsenhaaren besetzt sind, weisen diese auch die höchsten Cannabinoid-Konzentrationen auf. Es wird vermutet, dass diese Stoffe den Pflanzen zur Abwehr von Fraßfeinden und schädlichen Mikroorganismen (Bakterien und Pilzen) dienen.
Neben den üblicherweise als Hauptkomponenten vorliegenden und bekannteren Vertretern wie THC und CBD existiert eine breite Palette von weiteren Phytocannabinoiden. Obwohl oft nur in Spuren vorkommend, modifizieren sie die Wirkungen der Hauptkomponenten und tragen so entscheidend zum pharmakologischen Gesamtprofil der jeweiligen Cannabis-Züchtungen bei.
Wir bieten Ihnen die quantitative Bestimmung der 11 wichtigsten Phytocannabinoide als Gesamtpaket!
Was ist der Unterschied zwischen THC und THCA bzw. CBD und CBDA?
Bei Cannabinoiden, die mit dem Suffix A (engl. für Acid, Säure) gekennzeichnet sind, handelt es sich um sogenannte saure Cannabinoide, welche die Vorstufen für die allgemein bekannteren, neutralen Cannabinoide darstellen. Diese auch als Cannabinoid-Carbonsäuren (oder kurz Cannabinoid-Säuren) bezeichneten Stoffe sind die ursprünglich von der Pflanze gebildeten Komponenten und machen – z.B. bei frischen Blüten – den Großteil der enthaltenen Cannabinoid-Fraktion aus.
Die Cannabinoid-Säuren werden im Laufe der Zeit unter Abspaltung von Kohlendioxid in ihre neutralen Formen umgewandelt; so wird beispielsweise THCA zu THC und CBDA zu CBD abgebaut.
Dieser als Decarboxylierung bezeichnete Prozess geht üblicherweise nur allmählich vonstatten, kann aber durch Temperatureinwirkung ganz erheblich beschleunigt werden. So sind z.B. in Cannabis-Extrakten, bei deren Herstellung Hitze zum Einsatz kam, die ursprünglichen Säureformen oft nur noch in Spuren aufzufinden. Auch beim Rauchen von Cannabisprodukten werden diese umgehend und vollständig in ihre neutralen Analoga umgeformt.
Obwohl die neutralen Cannabinoide in der Regel eine wesentlich stärkere Cannabinoid-Wirkung als die sauren Formen aufweisen, zeichnen sich auch die sauren Cannabinoide durch einzigartige Wirkungen aus. So rücken v.a. CBDA und CBGA aufgrund ihrer entzündungshemmenden und antiviralen Eigenschaften immer wieder in den Fokus des wissenschaftlichen Interesses.
Im Rahmen unserer quantitativen Cannabinoid-Analytik werden saure und neutrale Cannabinoide sowohl voneinander getrennt als auch summiert erfasst. Demzufolge gibt die Angabe „Total THC“ beispielsweise die Summe aus saurem und neutralem THC in Ihrem Probematerial wieder.
Wie erfolgt die Biosynthese der Cannabinoide in der Hanfpflanze?
Als Ausgangspunkt für die meisten anderen Cannabinoide dient der Pflanze die Cannabigerolsäure (CBGA), die durch bestimmte Enzyme, den sogenannten Synthasen, in weitere Cannabinoidsäuren umgewandelt wird. So wird durch die THCA-Synthase die Umwandlung von CBGA in THCA katalysiert, während die CBDA-Synthase und die CBCA-Synthase für die Bildung von CBDA bzw. CBCA verantwortlich sind.
Wie schon im vorangehenden Abschnitt angesprochen, können diese Cannabinoidsäuren durch Decarboxylierung in ihre neutralen Formen umgewandelt werden. Dieser Vorgang erfolgt nicht-enzymatisch und kann daher auch außerhalb der lebenden Pflanzen vonstatten gehen, wie es zum Beispiel auch bei der Lagerung von getrockneten Blüten der Fall ist. Ähnliches ist beispielsweise auch bei Cannabinol (CBN) der Fall, welches sich erst lange Zeit nach der Ernte durch oxidativen Abbau aus THC bildet.
Durch gezielte, künstliche Selektion und Kreuzung von Cannabispflanzen mit favorisierten Eigenschaften gelang es in den letzten Jahrzehnten, eine Vielzahl von neuen Genetiken zu generieren, die sich in ihrem Cannabinoid-Profil drastisch voneinander unterscheiden (sogenannte Chemotypen). Die Ursache hierfür ist auf molekularer Ebene finden: So ist bei quasi THC-freien CBD-Hanfsorten beispielsweise das Gen, welches für die THCA-Synthase kodiert, defekt, sodass dieses Enzym von der Pflanze nicht mehr richtig gebildet werden kann. Bei THC-reichen Sorten fehlt hingegen die CBDA-Synthase, wodurch das Verhältnis zugunsten des psychoaktiv wirksamen THC verschoben wird.
Was sind synthetische und halb-synthetische Cannabinoide?
Der Begriff „synthetisch“ bedeutet grundsätzlich, dass ein Stoff nicht aus natürlichen Ressourcen gewonnen, sondern künstlich in einem chemischen Labor hergestellt wurde. So können auch natürlich vorkommende Cannabinoide wie CBD und Δ9-THC nicht nur aus der Hanfpflanze extrahiert, sondern auch chemisch „nachgebaut“, also synthetisiert werden. Die so generierten, „naturidentischen“ Cannabinoide unterscheiden sich dabei in keinster Weise – weder chemisch noch pharmakologisch – von ihren natürlichen Analoga.
Unter synthetischen Cannabinoiden im engeren Sinn werden aber in erster Linie Stoffe verstanden, die zwar den Phytocannabinoiden ähnliche pharmakologische Wirkungen aufweisen, diesen jedoch weder chemisch ähneln noch natürlich vorkommen. Als Beispiel wäre hier etwa das ausschließlich synthetisch zugängliche Cannabinoid JWH-018 anzuführen, welches in Form von Kräutermischungen („Spice“) über viele Jahre legal erhältlich war und aufgrund mehrerer Todesfälle traurige Berühmtheit erlangt hat.
Auch halb-synthetische (oder semi-synthetische) Cannabinoide werden im Labor hergestellt. Im Gegensatz zu (voll-)synthetischen Cannabinoiden wie JWH-018 dienen hier aber stets natürlich vorkommende Cannabinoide wie CBD und THC als Ausgangsstoffe, welche dann chemisch abgewandelt werden. So ist bei halb-synthetischen Cannabinoiden in aller Regel noch die Grundstruktur der Phytocannabinoide und somit die chemische Zugehörigkeit zu dieser Stoffgruppe ersichtlich. Ein Beispiel wäre das Hexahydrocannabinol (HHC), ein psychoaktives Cannabinoid, welches natürlich nur in Spuren vorkommt, aber synthetisch leicht durch Hydrierung von THC zugänglich ist.
Was ist das Endocannabinoid-System (ECS) des Menschen?
Der Umstand, dass die Cannabinoide der Hanfpflanze beim Menschen verschiedene pharmakologische Wirkungen auslösen, legte schon früh die Vermutung nahe, dass auch der menschliche Körper über eigene Botenstoffe (endogene Cannabinoide oder Endocannabinoide) mit entsprechender Wirkung verfügt. Des weiteren müssten auch Rezeptoren vorliegen, über welche diese Botenstoffe ihre spezifischen Wirkungen entfalten können.
Tatsächlich konnten in weiterer Folge das Anandamid (N-Arachidonylethanolamid, AEA) und verwandte Substanzen als endogene Liganden sowie zwei Subtypen von Cannabinoid-Rezeptoren (CB1 und CB2) identifiziert werden. Das Zusammenspiel dieser biochemischen Faktoren wird als das Endocannabinoid-System des Menschen bezeichnet.
Während sich die CB1-Rezeptoren vornehmlich im Nervensystem befinden und an der Regulierung von physiologischen Prozessen wie Schmerzweiterleitung, Hunger und Schlafinduktion beteiligt sind, beeinflussen die im Knochengewebfe und in Immunzellen vorliegenden CB2-Rezeptoren beispielsweise wichtige Funktionen des menschlichen Immunsystems.
Werden dem Körper nun pflanzliche oder synthetische Cannabinoide zugeführt, können die körpereigenen Regelkreise auf unterschiedliche Weise beeinflusst werden. So wird etwa die berauschende Wirkung von THC in erster Linie über die CB1-Rezeptoren in Nervenzellen vermittelt, während das nicht-psychoaktive CBD seine immunmodulatorische Wirkung u.a. über die CB2-Rezeptoren entfaltet. Neben der Beeinflussung des ECS resultiert das komplexe Wirkungsprofil der verschiedenen Cannabinoide aus einer Vielzahl weiterer Interaktionen mit weiteren, unterschiedlichen Rezeptorsystemen des menschlichen Körpers.
Welche Cannabinoide werden bei der quantitativen Bestimmung erfasst?
Wir können Ihre Proben routinemäßig auf die 11 relevantesten Cannabinoide untersuchen: Δ9-THC, Δ9-THCA, Δ8-THC, CBD, CBDA, CBG, CBGA, Δ9-THCV, CBDV, CBN und CBC. Auf Anfrage – besonders für Kunden aus Deutschland – bieten wir auch stereoselektive Bestimmungen des halb-synthetischen Hexahydrocannabinol (HHC) an! Alle unsere Analysen erfolgen quantitativ und werden prozentual (in Gewichts-%) erfasst.
Wir sind in der Lage, unterschiedlichste Probenmaterialien zu testen: Hanfblüten, Öle, Cannabis-Extrakte, „wasserlösliche“ Formulierungen (Mikro- und Nanoemulsionen), Cannabis-Harze (Haschisch), Kosmetika, Vapes und Isolate (aufgereinigte Cannabinoide). Sollte sich Ihr Produkt nicht in dieser Aufzählung befinden, können Sie uns gerne kontaktieren! Bitte beachten Sie hierfür auch unsere Hinweise zur Probennahme!
Im Folgenden möchten wir auf die von uns analysierten Cannabinoide in Form von Kurzportraits näher eingehen:
Δ9-Tetrahydrocannabinol (Δ9-THC) und Δ9-Tetrahydrocannabinolsäure (Δ9-THCA)
Neben CBD ist Δ9-THC wohl das bekannteste Cannabinoid und für die psychoaktive Wirkung von entsprechenden Hanfsorten und Produkten hauptverantwortlich. Die aktuelle Gesetzeslage in Österreich erschwert leider nach wie vor die medizinische Nutzung THC-reicher Sorten, sodass einzig das aufgereinigte Cannabinoid (unter der Bezeichnung Dronabinol®) nach strenger Indikationsstellung verschrieben werden kann. In einigen anderen Ländern der EU kommt das THC-CBD-Kombinationspräparat Sativex® als Mundspray zur Behandlung spastischer Leiden bei Multipler Sklerose zum Einsatz. Insbesondere die antiemetische (Übelkeit unterdrückende), appetitanregende sowie schmerzlindernde Wirkung kann erheblich zur Verbesserung des Allgemeinzustandes von Krebspatienten beitragen und auch bei einer Vielzahl von anderen Leiden zum Einsatz kommen.
Die typischen Effekte von THC resultieren hauptsächlich aus der Bindung des Wirkstoffs an die CB1-Rezeptoren des menschlichen Endocannabinoid-Systems. Da die ursprünglich von der Pflanze gebildete Δ9-Tetrahydrocannabinolsäure (Δ9-THCA) eine wesentlich geringere Affinität zu diesen Rezeptoren aufweist, ist es wichtig, diese vor der Anwendung möglichst vollständig in das neutrale und stärker wirksame Δ9-THC umzuwandeln. Während dies beispielsweise beim Rauchen problemlos gewährleistet ist, empfiehlt es sich, das jeweilige, nicht temperaturbehandelte Cannabisprodukt vor dem Verzehr für einige Zeit auf mindestens 100 °C zu erhitzen.
Da Herstellung, Besitz und Weitergabe von Produkten mit über 0,3 Gewichts-% THC in Österreich verboten sind und strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen können, kommt der quantitativen THC-Bestimmung im Rahmen der Cannabinoid-Analytik ein ganz besonderer Stellenwert zu. Wir übernehmen diese verantwortungsvolle Aufgabe gerne für Sie!
Δ8-Tetrahydrocannabinol (Δ8-THC)
Bei diesem Cannabinoid handelt es sich um ein Isomer des zuvor besprochenen Δ9-THC. Isomere sind Stoffe, die sich hinsichtlich ihrer chemischen Struktur nur geringfügig voneinander unterscheiden. Dieser chemischen Ähnlichkeit ist es auch zu verdanken, dass sich Δ8-THC und Δ9-THC nahezu identische pharmakologische Wirkungen teilen, wobei die Wirkung des erstgenannten ein wenig schwächer ausfällt. Daher sind – ganz analog zum Δ9-THC – Herstellung, Besitz und Weitergabe von Produkten mit mehr als 0,3 Gewichts-% Δ8-THC in Österreich nach geltendem Recht verboten.
Δ8-THC kann sich zwar durch eine Umlagerung aus dem Δ9-Isomer bilden, kommt aber in natürlichen Cannabis-Produkten in aller Regel nur in Spuren vor. Im Gegensatz dazu fallen bei der synthetischen Herstellung von THC neben dem eigentlichen Δ9-THC immer wechselnde Anteile von Δ8-THC an. Daher lassen ungewöhnlich hohe Konzentrationen von Δ8-THC im Probenmaterial darauf schließen, dass dieses mit synthetischem THC versetzt bzw. verunreinigt wurde.
Cannabidiol (CBD) und Cannabidiolsäure (CBDA)
Auf alle positiven pharmakologischen Wirkungen und medizinischen Anwendungsmöglichkeiten dieser beiden nicht-psychoaktiven Cannabinoide näher einzugehen, würde den Rahmen dieses Portraits bei weitem sprengen. Zu nennen wären hier exemplarisch die beruhigenden, krampflösenden, entzündungshemmenden, schmerzlindernden, antioxidativen und immunmodulatorischen Wirkungen, die sich in einer kaum überschaubaren Vielfalt von am Markt erhältlichen CBD-Produkten widerspiegeln. Obwohl es sich hier um pharmakologisch wertvolle Wirkstoffe mit sehr geringem Nebenwirkungspotential handelt, stellt das Präparat Epidyolex® zur Behandlung der kindlichen Epilepsie das einzige EU-weit zugelassene Arzneimittel auf CBD-Basis dar. Daneben kommt in einigen anderen Ländern der EU das THC-CBD-Kombinationspräparat Sativex® als Mundspray zur Behandlung spastischer Leiden bei Multipler Sklerose zum Einsatz.
Wie schon im Abschnitt über die Biosynthese der Cannabinoide erläutert, konnten durch gezielte Selektion Hanfsorten gezüchtet werden, die hohe Konzentrationen an CBD bei gleichzeitig geringen, gesetzlich konformen THC-Konzentrationen (unter 0,3 Gewichts-%) aufweisen. Die wohl bekannteste unter diesen Züchtungen ist die EU-Hanfsorte Fedora 17, von der wiederum unzählige weitere Genetiken abgeleitet wurden.
Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass das Cannabinoid-Profil von Hanfpflanzen insbesondere während der Blühphase deutlichen Schwankungen unterliegt. Daher bedarf es im Cannabis-Anbau regelmäßiger In-Prozess-Kontrollen der noch lebenden Pflanzen, um den geeigneten Erntezeitpunkt festzulegen und eine maximale CBD-Ausbeute bei minimaler THC-Konzentration zu gewährleisten. Wir unterstützen und beraten Sie gerne bei dieser Aufgabe!
Im Gegensatz zum THC kann es hier nicht empfohlen werden, das im frischen Material hauptsächlich vorliegende CBDA durch eine Wärmebehandlung in CBD überzuführen, da CBDA über einzigartige, entzündungshemmende Wirkungen verfügt. Des weiteren hat sich gezeigt, dass CBD-Produkte, bei denen ein Teil des CBD als Säure vorliegt, in ihrer Wirksamkeit reinem CBD generell überlegen sind. Das ist auch mit ein Grund für die Popularität sogenannter Fullspectrum-Produkte, die das natürliche Cannabinoid-Profil der Hanfpflanze wiederzugeben versuchen.
Cannabigerol (CBG) und Cannabigerolsäure (CBGA)
Die Cannabigerolsäure stellt gewissermaßen das „Ur-Cannabinoid“ der Hanfpflanze dar, von dem sich die meisten anderen Cannabinoide durch enzymatische und nicht-enzymatische Prozesse ableiten lassen. Durch gezielte Selektion von Cannabissorten mit „defektem Enzymapparat“ konnten in jüngerer Vergangenheit Züchtungen mit einem sehr hohen Gehalt an CBGA und CBG erzielt werden. Beide Cannabinoide sind nicht psychoaktiv und kommen in herkömmlichen Züchtungen nur in geringen Mengen vor.
Wie auch die Cannabidiolsäure (CBDA) wirkt auch die CBGA stark entzündungshemmend und scheint bei bestimmten Epilepsieformen wirksam zu sein. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass CBGA Coronaviren aktiv am Eindringen in die Wirtszellen hindern kann. Auch das neutrale CBG ist Gegenstand aktueller pharmakologischer Forschungen.
Δ9-Tetrahydrocannabivarin (Δ9-THCV)
Hier handelt es sich um ein Cannabinoid, welches sowohl in Hinblick auf die Biosynthese als auch pharmakologisch gewissermaßen eine Besonderheit darstellt. Während die zuvor besprochenen Verbindungen alle in der Cannabigerolsäure (CBGA) ihren biochemischen Ursprung finden, leitet sich die Δ9-Tetrahydrocannabivarinsäure (Δ9-THCVA) von der sogenannten Cannabigerovarinsäure (CBGVA) ab. Aus dieser Säureform bildet sich – ganz analog zu den anderen Cannabinoiden – durch Decarboxylierung das chemisch pH-neutrale Δ9-THCV.
Δ9-THCV ist strukturell eng mit dem Δ9-THC verwandt. Der einzige chemische Unterschied besteht darin, dass beim Erstgenannten die Alkyl-Seitenkette nur drei statt sechs Kohlenstoffatome umfasst. Dieser Umstand ist auch der Grund, weshalb diese beiden Stoffe bestimmte pharmakologische Eigenschaften teilen. So ist auch das Δ9-THCV prinzipiell ein – wenn auch schwächer wirkendes – psychoaktives Cannabinoid. Aus dieser Tatsache ergibt sich, dass Δ9-THCV/A seit Juni 2020 als „neue psychotrope Substanz“ kategorisiert wird und seitdem dem österreichischen Suchtmittelgesetz unterliegt.
Die wesentlichen pharmakologischen Unterschiede zwischen Δ9-THCV und Δ9-THC ergeben sich interessanterweise erst bei genauerem Hinsehen: In geringeren Dosierungen erweist sich das Δ9-THCV als Antagonist (Gegenspieler) an den CB1-Cannabinoid-Rezeptoren, über welche die typischen THC-Wirkungen vermittelt werden. Das heißt, dass bei gleichzeitigem Vorhandensein von Δ9-THCV und Δ9-THC das Erstere das Zweitgenannte vom gemeinsamen Rezeptor verdrängen kann, was eine Abschwächung bzw. Veränderung der THC-Wirkung zur Folge hat. Erst bei höheren Δ9-THCV-Dosen kommen die eigentlichen, mitunter psychoaktiven Effekte dieses Cannabinoids vermehrt zum Tragen.
Davon abgesehen hat sich Δ9-THCV als durchaus vielversprechende, pharmakologische Modellsubstanz erwiesen. So deuten verschiedene Studien auf eine positive Auswirkung auf den Glucosestoffwechsel bei Diabetikern sowie auf eine anti-epileptische und antipsychotische Wirksamkeit hin.
Cannabidivarin (CBDV)
Wie auch das vorangegangene Δ9-THCV leitet sich das CBDV biochemisch von der Cannabigerovarinsäure (CBGVA) ab, was – chemisch betrachtet – durch die lediglich aus drei Kohlenstoffatomen bestehenden Propyl-Seitenkette verdeutlicht wird.
Analog zum vorherigen Vergleich zwischen Δ9-THCV und Δ9-THC, lassen sich auch hier pharmakologische Gemeinsamkeiten zwischen CBDV und CBD erkennen: Bei beiden handelt es sich um nicht-psychoaktive Cannabinoide, die sich laut neueren Studien v.a. durch ihre antikonvulsiven (also anti-epileptischen) Wirkungen auszeichnen.
Cannabinol (CBN)
Beim Cannabinol handelt es sich um ein oxidatives Abbauprodukt des THC, welches sich in relevanten Mengen nur in älteren Proben findet und in frischen Hanfblüten kaum nachzuweisen ist. Die Umwandlung von THC zu CBN wird beispielsweise durch ultraviolette Strahlung (z.B. Sonnenlicht) begünstigt.
CBN gilt – je nach Quelle – als nur schwach bzw. nicht psychoaktives Cannabinoid, welches daher auch nicht dem österreichischen Suchtmittelgesetzt unterliegt. Auf pharmakologischer Ebene sei vor allem auf seine hypnotische (schlaffördernde) Wirkung hingewiesen.
Cannabichromen (CBC)
Wie die meisten anderen, leitet sich auch dieses Cannabinoid von unserem „Ur-Cannabinoid“, der Cannabigerolsäure (CBGA), ab. Aus dieser wird zunächst durch das Enzym CBCA-Synthase die Cannabichromensäure (CBCA) gebildet, die dann durch Decarboxylierung zum neutralen (und stärker wirksamen) Cannabichromen umgewandelt wird.
Interessanterweise verfügen junge Hanfpflanzen in der Regel über höhere CBC-Anteile als ältere Pflanzen in voller Blüte, die am Ende ihres Lebenszyklus stehen. Das liegt daran, dass es sich beim Cannabichromen um ein lichtempfindliches Molekül handelt, welches mit fortschreitendem Alter der Pflanze durch das einfallende Licht sukzessive zum sogenannten Cannabicyclol (CBL) abgebaut wird.
Obwohl CBC selbst über keine schmerzlindernden Wirkungen verfügt, kann es die schmerzstillenden Wirkungen von THC unterstützen. Daher gelten medizinische Cannabissorten mit hohen CBC- und THC-Anteilen für die Schmerztherapie als besonders geeignet. Darüber hinaus weisen verschiedene Studien auf antibiotische Eigenschaften gegenüber resistenten Bakterienstämmen und anti-epileptische Wirkungen hin.
Hexahydrocannabinol (HHC)
Dieses halb-synthetische Cannabinoid wurde zwar bereits in Spuren in der Hanfpflanze nachgewiesen, wirtschaftlich bedeutsame Mengen wurden und werden aber ausschließlich – etwa durch Hydrierung von THC – künstlich hergestellt.
Wie auch das chemisch sehr ähnliche THC weist HHC eine stark ausgeprägte psychoaktive Wirkung auf. Im Gegensatz zum THC wurde es aber bis März 2023 nicht explizit im österreichischen Suchtmittelgesetz angeführt, was eine legale Vermarktung ermöglichte und zu einem regelrechten Hype von HHC-Produkten als „legal High“ führte.
Mit Wirksamkeit vom 23.03.2023 wurde HHC in die Verordnung über „neue psychotrope Substanzen“ aufgenommen, was ein sofortiges Verbot von Herstellung und Verkauf von HHC und HHC-haltigen Produkten in Österreich zur Folge hatte. Besitz und Konsum von HHC blieben aber bis auf Weiteres straffrei. In Deutschland unterliegt HHC nach wie vor keinen gesetzlichen Einschränkungen.
Halb-synthetisch hergestelltes HHC liegt in der Regel als Gemisch zweier Stereo-Isomere (9R-HHC und 9S-HHC) vor, wobei sich die prozentuale Gewichtung der beiden je nach verwendeter Methode deutlich unterscheiden kann. Bei Stereo-Isomeren handelt es sich um Varianten eines chemischen Stoffes, die sich nur in der räumlichen Ausrichtung von Teilstrukturen innerhalb des Moleküls (der sogenannten Stereochemie) unterscheiden.
Trotz dieser chemischen Ähnlichkeit differieren diese beiden Stereo-Isomere drastisch hinsichtlich ihrer pharmakologischen Wirksamkeit: So wurde festgestellt, dass das 9R-Derivat eine ca. 10-fach stärkere psychoaktive Wirkung als das 9S-Derivat aufweist.
Daher kommt bei der Analytik von HHC-Produkten der Unterscheidung dieser beiden Stereo-Isomere ein ganz besonderer Stellenwert zu. Auf Anfrage untersuchen wir Ihre Proben daher stereoselektiv auf das Vorliegen von 9R-HHC und 9S-HHC!